top of page

„Landschaften lehren uns Friedhaftigkeit, Liebe, Geduld, Lebensfreude und Wünsche frei von Fanatismus zu haben. Sie lehren uns unsere Heimat zu schätzen und dadurch auch die Heimat anderer zu respektieren.” 

 (Zoltán Szabó)

Die Kalála Bewegung im Überblick

 

Der größte Schatz des Sekler Landes sind seine Heilwasser und Quellen. Dies ist in Fachkreisen sicherlich bekannt, bleibt jedoch heutzutage bei der breiten Öffentlichkeit leider unbeachtet und gerät in Vergessenheit. Zur gleichen Zeit brechen stätig tausende von Mineralwasserquellen als Folge vulkanischer Nachwirkungen aus den Tiefen der Erde heraus. Diese werden hier von den Einheimischen „borvizek” (bor=Wein, Víz=Wasser) genannt. Neben den 4-15°C kalten „Sekler Thermalbädern” kommen hier auch Dampfausströmungen mit ähnlicher Wirkung vor. Die Einheimischen kennen diese Heilquellen seit jeher und benutzen diese für medizinische Zwecke.  Sie pflegten sie und erweiterten sie teils mit Badebecken und Mofetten, welche in Form einfacher Holzbauten entstanden. Im 19. Jahrhundert erreichte als Ergänzung der Volksbäder die bürgerliche Badekultur das Sekler Land. Es entstanden zauberhafte Badeorte in der Region. Die heilsame Wirkung des örtlichen Mineralwassers wurde auch international bekannt und man begann dieses in Flaschen abzufüllen und zu exportieren. Die historische Entwicklung im Sekler Land bedeutete das Ende dieser glanzreichen Ära. Die Bäder wurden von der Natur zurückerobert, die Bauten zerfielen und mit ihnen versank die Erinnerung an die Epoche der Badekultur und auch an die Heilwasser. Vielerorts sind es nur noch einige einheimische Dorfälteste in deren Erinnerung die einst weltbekannten Badeorte und ihre Heilquellen und Bäder weiterleben.

 

Der Gedanke der Renovation der Sekler Volksbäder entstand erstmals im Rahmen einer Entwicklungsplanung für die Csomád-Bálványos Region im Sekler Land. Der Csíki Naturschutzverein (CsTTE) erforscht schon seit Jahren unter der Leitung des Geologen Csaba Jánosi die naturlandschaftlichen und kulturgeschichtlichen Schätze der Region. Hierbei macht der Verein die Allgemeinheit ständig auf deren hohen Wert und die Importanz ihres Schutzes aufmerksam. Im Zeitraum 1997-2000 entstand nach der Wende eine der ersten regionalen Entwicklungspläne für das Sekler Land als Ergebnis der kooperativen Arbeit des Naturschutzvereins CsTTE, des ungarischen Büro für Landschaftsarchitektur Pagony und des Architekturbüros Axis. Auftraggeber war das Komitat Hargita und Kovászna. Die interdisziplinäre und partizipative Eigenschaft des Projektes machte ein Zusammenwirken verschiedenster Akteure möglich. Die örtlichen Entscheidungstreffer, Zivilgemeinschaften und auch die Anwohner konnten am Planungsprozess und somit an der Formung ihrer eigenen Zukunft aktiv teilnehmen. So kam es dazu, dass 2001 bei einem dieser partizipativen Planungstreffen in Lázárfalva einer der älteren Dorfbewohner aufstand und die Anwesenden um deren Hilfe bat, das einst ruhmreiche Nyírfürdő (Birkenbad) wiederherzustellen.

Die Renovation der bürgerlichen Badeorte ist auf Grund der unklaren Eigentumsverhältnisse, der Privatisierung und des Mangels an Kapital zur Umsetzung eine weitaus komplexere Aufgabe. Die Volksbäder wiederum können aus internen Quellen und nur kleinen Hilfen von außen wiederhergestellt werden. In dieser Region erinnert man noch den Gedanken der Kaláka. Kaláka bedeutet den Zusammenhalt der Gemeinschaft und das einander helfen. Jeder kann mit seinen persönlichen Fähigkeiten an der gemeinsamen Arbeit teilnehmen. Wir haben die alte Form der Kaláka an die aktuellen Bedingungen angepasst. Die Organisation der Kalákás verwaltet die Ars Topia Stiftung und akquiriert in Ungarn Gelder für die Umsetzung der Renovationen und sammelt Teilnehmer für die Sommerworkshops. Die weitesten Teils jungen Studenten planen selbst die Holzbauten und landschaftsarchitektonischen Elemente, welche sie dann vor Ort zusammen mit den Einheimischen in 10 Tagen verwirklichen. Die Organisation der Workshops vor Ort verwalten der Naturschutzverein CsTTE und die örtlichen Behörden. Die Unterkünfte und Verpflegung für die Angereisten werden von den Einheimischen übernommen.

 

Die Nachricht der ersten Kalákás verbreitete sich schnell im Unter-Csíki-Bassin und später dann im gesamten Sekler Land. Der Reihe nach meldeten sich die Gemeinden mit dem Wunsch ihre verwilderten Volksbäder wieder herzustellen. Als Organisatoren der Workshops stellten wir schnell fest, dass wir in einem Sommer sogar an mehreren Orten Workshops veranstalteten. Und bald schon wurden nicht mehr nur in Rumänien, sondern auch in Ungarn Kalákás angeboten und eine bedeutende Bewegung wurde geboren.

 

Bei den Kalákás werden ausschließlich natürliche Baumaterialien verwendet. Als Grundlage gelten traditionelle Bauweisen mit Hilfe derer Badebecken, Umkleiden, Gehwege, Pavillons, Bänke und Quellenhäuser gebaut werden. Aus Weidenzweigen entstehen Weidenbauwerke und es werden gefährdete Hänge vor Erosion geschützt. Mit unserer Arbeit machen wir auf den Wert der Naturschätze aufmerksam.

Jeden Abend werden Vorlesungen zu verschiedenen Themen angeboten. Außerdem werden auch Tanzabende veranstaltet.

 

Die Kalákás sind eine internationale Veranstaltung, im Durschnitt nehmen jedes Jahr 70-100 ungarische und internationale Freiwillige teil. Die Gruppe setzt sich aus Studenten und Fachleuten zusammen, welche gemeinsamen mit den Dorfbewohnern arbeiten. Gerade die jungen Teilnehmer können zahlreiche Erfahrungen sammeln. Bei der Planung und Durchführung der Projekte geht es nicht um die Selbstverwirklichung der Teilnehmer, sondern darum die Bedürfnisse der örtlichen Gemeinschaft zu bedienen.

 

In den letzten zehn Jahren haben mehrere Tausend Freiwillige an den Kalákás teilgenommen. Viele Ortschaften nahmen sich ein Beispiel an den Kalákás und begannen eigene Projekte zu organisieren, wodurch es zu Renovierung der alten Volksbäder kam. Diese Bäder sind nicht besonders groß, trotzdem hat deren Renovierung großen Einfluss auf die Entwicklung der Dörfer. Die Gemeinschaftsarbeit bringt die Dorfbewohner einander wieder näher. Auch die Instandhaltung der bereits renovierten Bäder muss bedacht werden und bleibt Aufgabe der Dorfbewohner. Da die Bäder ausschließlich aus natürlichen Materialien gebaut werden, müssen diese alle 5-8 Jahre repariert oder gänzlich neu erbaut werden. Die Erfahrungen der letzten 10 Jahre haben gezeigt, dass der Erfolg dieser Instandhaltungsarbeiten in erster Linie von der Führungskraft der einzelnen Gemeinden abhängt. Leider gibt es immer noch Dörfer, welche sich gar nicht um ihre renovierten Volksbäder kümmern, welche dann verkommen und gänzlich von der Natur zurück gewonnen werden.

Die von der Kaláka Bewegung erbauten Heilbäder werden von der örtlichen Bevölkerung regelmäßig genutzt. Es kommt auch vor das Besucher aus Nachbardörfer nur wegen der Bäder anreisen um Bade- und Trinkkuren zu machen. Die Kaláka Bewegung feierte 2015 mit dem Wiederaufbau des „Apor Lányok Bades“ in Bálványosfürdö ihr 15 jähriges Jubiläum.

Die Ereignisse der Kaláka können in einer sich ständig erweiternden Ausstellung betrachtet werden. Die viersprachige (ungarisch, rumänisch, deutsch, englisch) Ausstellung ist leicht transportierbar und installierbar und hat sich somit zu einer Wanderausstellung entwickelt. Die Auftaktveranstaltung für die Wanderausstellung fand in der Mikó Burg in Csíkszereda im Nationalmuseum statt.

 

Auch in Zukunft werden weitere Kalákas veranstaltet. Wir sind davon überzeugt, dass die freiwillige, beispielhafte und liebevolle Arbeit zur Bewahrung alter Werte und Entstehung neuer Werte beiträgt und somit die Gemeinden stärkt und die Landschaft schützt. Der Schutz und die Entwicklung der Landschaft sind nur in Zusammenarbeit mit der in ihr lebenden Gemeinschaft möglich!

Wir danken allen Kaláka Teilnehmern, dass sie freiwillig und mit Liebe an dieser erhebenden Arbeit teilgenehmen. 

Herczeg Ágnes

Landschaftsarchitektin und Vorsitzende desór Ars Topia Stiftung

t

bottom of page